Übersetzungsnorm

Nachdem ich hier zuletzt über unseren internen Styleguide aufgeklärt habe, erläutere ich heute, was wir damit meinen, wenn wir behaupten, wir würden uns an der Norm DIN EN 15038:2006, „Übersetzungs-Dienstleistungen – Dienstleistungsanforderungen“ orientieren. Ich entschuldige mich bereits im Vorfeld für das trockene Thema.

Eines muss gleich vorangestellt werden: Bei dieser Norm handelt es sich um eine Prozessnorm, das heißt, sie soll die Qualität der Übersetzungsprozesse sicherstellen, nicht die Qualität der Übersetzung selbst. Das Einhalten der Norm führt also nicht automatisch zu einer guten Übersetzung.

Genauso wenig ist das Arbeiten nach der Norm der einzige mögliche Weg, eine gute Übersetzung anzufertigen. Doch wer die hier festgehaltenen grundlegenden Prozessrichtlinien befolgt, ist zumindest auf dem besten Weg, eine solche zu produzieren.

 

Wir arbeiten vor allem in folgender Hinsicht nach der EN 15038. Ich möchte hier nicht auf jede Einzelheit eingehen, sondern nur auf die wichtigsten und für die Zufriedenheit unserer Kunden wesentlichsten Punkte:

  1. Wir verfügen selbstverständlich über alle geforderten (übersetzerischen, sprachlichen, textlichen, recherchebezogenen, kulturellen und fachlichen) Kompetenzen sowie über eine höhere Übersetzungsausbildung (Diplom) und (inzwischen weit) mehr als 5 Jahre Berufserfahrung. Wir bilden uns kontinuierlich weiter und arbeiten nur mit Kollegen zusammen, die diesen Teil der Norm ebenfalls erfüllen.
  2. Auch dass wir über die notwendigen technischen Ressourcen zum Abwickeln unserer Übersetzungsprojekte verfügen, versteht sich von selbst. Ohne die unterstützenden Programme, Anwendungen und Helferlein ist eine ordentliche, konsistente und in einem angemessenen Zeitrahmen durchzuführende Fachübersetzung heute gar nicht mehr vorstellbar.
  3. Jeder Kunde erfährt ganz genau, was wir für welchen Preis liefern. In der Zusammenarbeit mit Agenturen und Direktkunden mit regelmäßiger Auftragsvergabe wird das in der Regel in einem Rahmenvertrag sowie durch projektspezifische Absprachen geklärt. Direktkunden mit einmaliger oder seltener Auftragsvergabe erhalten pro Auftrag ein detailliertes Angebot.
  4. Das Korrekturlesen durch einen entsprechend qualifizierten Kollegen („Vier-Augen-Prinzip“) halten wir ein, wie bereits hier beschrieben. Ausnahmen bilden Fälle, in denen der Kunde ausdrücklich kein Lektorat wünscht (weil er es beispielsweise aus Kostengründen selbst durchführen möchte), oder in der Zusammenarbeit mit Agenturen, die oft selbst einen Korrektor beauftragen. Keine Ausnahme machen wir, wenn wir zusammen an einem Projekt für einen Direktkunden arbeiten; hier ist unser gegenseitiges Lektorat unbedingt zur Gewährleistung der Konsistenz notwendig. In jedem Fall geben wir in unseren Angeboten genau an, ob ein Lektorat im Lieferumfang enthalten ist.

 

Die folgenden Punkte der EN 15038 erfüllen wir (noch) nicht, da sie für uns nicht relevant oder notwendig sind:

  1. Unser Qualitätsmanagementsystem ist nicht dokumentiert. Wir können aber jedem Kunden auf Anhieb darlegen, welche Qualitätssicherungsmaßnahmen wir durchführen. Die wenigen ausgewählten Kollegen, die wir hin und wieder beauftragen, arbeiten nach den gleichen Standards oder werden von uns bei jedem Auftrag entsprechend angewiesen. Sollten wir jemals Angestellte haben, denen erstes und zweites Korrekturlesen, Rechtschreib- und Grammatikprüfung, Zahlen- und Interpunktionsprüfung, Vier-Augen-Prinzip usw. usf. nicht im Blut liegen, ODER sollten wir uns jemals nach der DIN EN 15038 registrieren bzw. zertifizieren lassen wollen, werden wir das formell festhalten.
    Genauso wenig sind unsere anderen Verfahren dokumentiert, wie zum Beispiel die Anfragebearbeitung oder das Projektmanagement. Auf Anfrage legen wir sie jedoch gern dar.
  2. Die Anforderungen an das Projektmanagement treffen auf unsere Arbeit meist nicht zu. In den seltenen Fällen, in denen wir Großprojekte annehmen und managen, erfüllen wir diese Anforderungen jedoch.
  3. Die Norm legt dar, worauf die Übersetzerin beim Übersetzen achten muss (u. a. Terminologie, Stil, Konventionen, Zielgruppe, Zweck der Übersetzung). Das zu beherzigen, versteht sich für professionelle Übersetzer von selbst und wurde uns im Studium schon im ersten Semester eingeimpft.
  4. Die fachliche Überprüfung und Fahnenkorrektur, falls notwendig, übernehmen unsere Kunden in der Regel selbst.

 

Halten wir fest: Das Arbeiten nach der Norm DIN EN 15038 ist alles andere als ein Hexenwerk. Sie trägt lediglich die Arbeitsweisen und Prinzipien zusammen, die im Grunde für jede professionelle Übersetzerin selbstverständlich sein sollten, auch wenn sie die DIN gar nicht kennt.

  • 25. September 2012
  • Anja Neudert