„Hallo Frau Hucke, hallo Frau Neudert,

ich benötige die Übersetzung unserer Werbebroschüre ins Englische. Was kostet das und bis wann wäre das fertig?

 

Freundliche Grüße

Max Muster
Sekretariat
Brummbrumm Baumaschinen GmbH“

 

Solche oder ähnliche Anfragen bekommen wir regelmäßig. Herr Muster hat uns offensichtlich über unsere Website gefunden, wir freuen uns darüber – und verweisen ihn an eine Kollegin.

Wieso? Der Haken lautet „ins Englische“. Werbematerial*, und dazu gehört alles, was jemals ein Kunde zu Gesicht bekommt, sollte immer von einem Muttersprachler übersetzt  werden, d. h. von einem Übersetzer, der die betreffende  Sprache buchstäblich mit der Muttermilch aufgesogen hat und vorzugsweise einen Großteil seines Lebens in der entsprechenden Kultur verbracht hat und noch verbringt. Das heißt, für die Broschüre von Herrn Muster ins Englische würden wir einen englischen Muttersprachler empfehlen.

Warum? Wir beschäftigen uns seit vielen Jahren mit der englischen (und französischen) Sprache, haben sie zuerst in der Schule und dann in der Uni gelernt, haben englisch- und französischsprachige Länder bereist und eine Zeitlang dort gelebt. Wir lesen englische und französische Bücher und schauen fremdsprachige Filme im Original, wir stehen im Kontakt mit Muttersprachlern und benutzen unsere Fremdsprachen jeden Tag aktiv. Wir können also behaupten, Englisch und Französisch ziemlich gut zu „können“. Und dennoch würden wir bei jeder Übersetzung in die Fremdsprache zwangsläufig kleine Schnitzer machen. Rechtschreibung und Grammatik sind kein Problem, und inhaltlich sind wir auch in der Lage, alles zu erfassen und in die Fremdsprache zu transportieren, doch spätestens bei der Idiomatik kann es passieren:  Man verwendet einen Ausdruck, der einem selbst absolut in Ordnung vorkommt und an dem grammatisch auch nichts auszusetzen ist, aber: Man sagt es einfach nicht so. Es klingt komisch. Es wirkt unbeholfen. Und das wird ein (englischer/französischer) Kunde merken.  Er bleibt dann an diesem nicht ganz richtigen Ausdruck hängen und kann seine Aufmerksamkeit nicht mehr voll auf die Werbebotschaft richten. Oder schlimmer noch: Er überträgt seinen ersten Eindruck von der Sprachqualität auf die Qualität der beworbenen Produkte – und geht doch lieber zur Konkurrenz.

Natürlich gäbe es die Möglichkeit, dass wir die Rohübersetzung anfertigen und anschließend einen Muttersprachler korrekturlesen lassen. Doch das ist wirtschaftlich meist nicht sinnvoll: Wir benötigen erstens mehr Zeit für die Übersetzung, da uns die Fremdsprache natürlich nicht ganz so flott von der Hand geht wie unsere Muttersprache, und müssen zweitens noch für das Lektorat zahlen. Auch für den Lektor ist eine solche Aufgabe oft nicht zufriedenstellend („Hätte ich es gleich selbst übersetzt, wäre es gleich perfekt geworden!“).

Also: Wir können natürlich Englisch, sehr gut sogar, um das mal ganz unbescheiden zu sagen. Doch in der Fremdsprache werden auch dem besten Übersetzer immer wieder kleine Fehlerchen unterlaufen, die in Werbebroschüren inakzeptabel sind – und die einem Muttersprachler erst gar nicht passieren würden. Daher empfehlen wir in diesen Fällen gern eine qualifizierte Kollegin, ganz nach dem Motto: Jeder sollte (nur) das machen, was er am besten kann. Aus dem gleichen Grund übersetzen wir im Übrigen auch nur Texte aus unseren diversen Fachgebieten.

*Die Übersetzung von firmeninterner Kommunikation, bei der es tatsächlich nur auf Inhalt und Verständlichkeit ankommt, übernehmen wir hingegen gern auch in die Fremdsprache.

  • 13. Juni 2013
  • Anja Neudert